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"Tondals Vision" Eine Bildanalyse

Tondals Vision

Entstehungsdatum unbekannt

Hieronymus Bosch (1450 – August 1516)

Öl auf Holz

54 cm x 72 cm


Beschreibung


Wie auf vielen seiner Bilder, hat Hieronymus Bosch auch auf seinem Werk «Tondals Vision» eine surreale Szene dargestellt. Das Bild wird in die Gattung der Historienbilder eingeteilt, da viele religiöse Motive im Werk auftauchen. Zusammen mit den religiösen Motiven teilt man das Bild in die Gattung der Historienbilder ein. Das Geschehen wurde mit Ölfarben auf einen Holzgrund gemalt. Das Bild hat im ersten Moment eine erschreckende Wirkung auf die betrachtende Person und zieht diese gleichzeitig in seinen Bann. Der Blick fällt als erstes auf den grossen Kopf in der Mitte der oberen Bildhälfte, der Betrachtende aus runden Knopfaugen, man könnte auch sagen zwei schwarzen Löchern, anblickt. Auf der kahlen Oberseite des Kopfes liegt eine nackte Frau auf der Seite. Hinter ihr stehen drei Tiere und Fabelwesen. Davon ist einzig die Eule ganz links in ihrer Art definierbar. Im Hintergrund dieser Szene, ist rechts die Silhouette eines Torbogens vor Flammen zu erkennen. Durch das Tor scheinen Menschen von einem Fluss hineingezogen zu werden. Im Vordergrund am rechten Bildrand ragt ein moosgrünes Zelt auf, unter dem ein Bett steht. Es ist auffallend, dass die Perspektive des Bettes verzogen und falsch zu sein scheint. Im Bett liegt ein Mensch unter einer roten Bettdecke, welcher von mehreren Tieren und Fabelwesen umrundet wird. In der gesamten unteren Bildhälfte spielt sich Elend, Tod und Sünde ab. Auffallend ist dabei der riesige Holzzuber in der Mitte. Darin

baden in einer grünlichen Flüssigkeit mehrere nackte Menschen. Durch die Nase des Kopfes scheinen in der Form einer Art Wasserfall, Münzen in das Becken zu fallen. Ausserhalb des Beckens liegen tote und gequälte Menschen. Dazwischen bewegen sich verschiedene Tiere und Fabelwesen, die teilweise für das Leid mitverantwortlich zu sein scheinen. Ganz vorne in der linken unteren Ecke des Bildes sind ein Mann in einem roten Gewand und einer petrolfarbenen Kopfbedeckung, sowie eine menschliche Gestalt mit Flügeln abgebildet. Der Mann stützt seinen Kopf in die Hand und scheint von der sich hinter ihm abspielenden Szene enttäuscht zu sein.


Analyse


Bei der Komposition ist der Schwerpunkt auf runde Formen deutlich zu erkennen. Besonders auffallend sind die Augen und die hintere Rundung des Kopfes in der Bildmitte, das sich darunter befindende Becken, runde Gebilde am rechten Bildrand und das ballförmige, weisse Element in der linken, oberen Bildecke. Weitere Kompositionselemente sind Überschneidungen und Streuung der Figuren. Auffallend ist auch die Überdimension des Kopfes.


Der Farbkontrast im Bild findet hauptsächlich durch die eher matten Grün- und Rottöne statt, die als Komplementärfarben einen Komplementärkontrast bilden. Dabei hat die rote Farbe bei der brennenden Burg eine erschreckende Wirkung, während die grüne Farbe des Zeltstoffes die darin liegende Person beruhigend von der restlichen Szenerie abschirmt. Auch ein Hell-Dunkel-Kontrast ist zu erkennen. Während das obere linke Viertel des Bildes vor allem in hellen Tönen gemalt ist, wurde der Rest des Bildes eher dunkel gehalten.

Ein Duktus des Künstlers ist nicht zu erkennen. Das Bild ist somit im linearen Stil gemalt und hat keine Textur. Auch die Maltechnik und der Malgrund sind für die Betrachtenden nicht erkennbar.


Da kein Raum durch fluchtende Linien entsteht, wird dieser vor allem durch Verjüngung und Überdeckung geschaffen. Daneben spielt die Licht- und Schattenmodulation vor allem bei den runden Formen eine wichtige Rolle. Eine klare Perspektive ist nicht zu erkennen, doch am ehesten würde das Bild wohl der Zweipunktperspektive zugeordnet.


Interpretation


Wie viele von Boschs Werken ist auch «Tondals Vision» ein sehr erzählerisches Bild. Viele Figuren und Gegenstände dienen als Symbole und erzählen, was der Maler mit seinem Bild ausdrücken wollte. Ein Beispiel wäre die Eule. Diese wird in Boschs Bildern oft in Verbindung mit menschlichen Figuren die einer Todsünde verfallen sind, als Symbol für das Böse und Torheit interpretiert. Da diese Szene auf dem Kopf und somit über der restlichen Szenerie spiet und durch ein weisses Tuch abgegrenzt wird, könnte man eine biblische Handlung daraus lesen. Der Vogel der auf dem Ast links davon sitzt und der blaue Himmel im Hintergrund deuten auf etwas himmlisches hin. Die Frau wird von einer Schlange umschlägelt, während sie sich bedeckt. In Kombination mit der Eule könnte dies auf die Szene im Paradies hinweisen, in der Eva den Apfel isst. Somit könnte das Tor im Hintergrund im religiösen Sinn als Tor zur Hölle interpretiert werden.


Der Totenschädel in der rechten unteren Bildecke kann als Symbol für die Todesverfallenheit alles irdischen gedeutet werden. Die meisten der Menschen im Vordergrund scheinen verschiedenen Sünden verfallen zu sein. Ein Beispiel wäre die Frau in der Mitte, welche auf einem Würfel sitzt. Dieser wird oft als Symbol für Spielsucht oder verschwendete Lebenszeit verwendet. Mit der Abstraktion einzelner Elemente, wie dem überproportionierten Kopf, gewichtet er diese unterschiedlich für die Aussage des Bildes. Die Farben sind überwiegend realistisch gewählt. Die verschiedenen Tierwesen und Monster scheinen die wehrlosen Menschen der Verdammnis und dem Tod zuzuführen. Auf das ganze Werk betrachtet, wollte Bosch wahrscheinlich auf die Sünden und das Böse im Menschen hinweisen. Ausserdem wollte er zeigen, was diesen Menschen nach ihrem Tod droht.




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