top of page

Es ist Zeit, gemeinsam zu handeln!


Die Strassen von Basel sind vollgestopft mit Menschen, vor allem Junge rufen lauthals. Plakate werden durch die erdrückend, heisse Luft geschwenkt und so hoch wie möglich gehalten, damit sie auf jeden Fall gesehen werden. Es ist ein Freitagnachmittag und die Basler*innen gehen für unser Klima auf die Strasse. Ich bin auch dabei. Ich zwänge mich durch die dichte, laute Masse, obwohl ich solche Menschenansammlungen möglichst meide. Ich mache das nur, wenn es wirklich sein muss. Und das ist heute der Fall!


Wir stehen vor einer sehr grossen Herausforderung. Die Klimaerwärmung ist in vollem Gange und die Prognosen für die Zukunft sind ungewiss. Es ist jedoch klar, falls wir nichts tun, werden wir das schon bald mit voller Wucht zu spüren bekommen. Davor fürchte ich mich. Diese Angst vor dem Zuspätkommen, um alles noch rechtzeitig zu stoppen. Die Angst, all dies nicht allein bewältigen zu können. Und das ist der Grund, weshalb ich heute hier in Basel bin. Ich muss wieder einmal spüren, dass ich nicht allein versuche, einen Tsunami aufzuhalten. Dass es zählt, wie ich mich im Alltag verhalte, weil wir zusammen etwas bewirken können. Dass es sich lohnt, mein Gepäck zum Bahnhof zu schleppen, anstatt mit dem Auto in die Ferien zu fahren. Dass es sich auszahlt, wenn ich nicht wie viele meiner Generation in den Sommerferien mit dem Flugzeug Richtung Süden jette.

Ich höre in den Nachrichten die düsteren Prognosen für meine Zukunft und die unserer Erde. Gleichzeitig sehe ich, wie alle um mich herum scheinbar so weitermachen wie bisher. Das Problem Klimaerwärmung scheint klein genug zu sein, um aus den Nachrichten zu verschwinden, sobald ein anderes Problem auftaucht. Oft stellen sich diese als eine Folge des Klimawandels heraus. Corona zum Beispiel wird nicht die letzte Pandemie sein, wenn wir so weitermachen wie bisher. Es gibt so offensichtliche Zusammenhänge und trotzdem packt niemand das Problem an der Wurzel, es wird nur an der Oberfläche gekratzt. Diese Tatsache macht mich ohnmächtig. Warum sind wir nicht schon längst über den Punkt hinaus, an welchem die Gesellschaft bereit ist, auf billiges Benzin und billigen Strom zu verzichten? An dem die Politik einmal durchgreift, ohne nachzufragen, wen es stören würde? An dem wir einfach gemeinsam etwas anpacken, um das Schlimmste zu verhindern? Ich kann es mir tatsächlich nicht erklären, warum die Menschen immer nur an die nächsten paar Tage und ihr eigenes Leben denken und erst handeln, wenn es zu spät ist.

Weil unsere Gesellschaft und die Politik all diese Probleme isoliert sehen und nicht als ein Ganzes, haben wir vor uns einen riesigen Berg an Schwierigkeiten und werden handlungsunfähig. Wir hätten gar nicht so viel zu tun, um einen Grossteil dieser Probleme zu lösen, wenn wir zusammenarbeiten würden. Wenn alle Länder und Menschen auf der Welt ihren Beitrag leisteten, auch wenn er noch so klein ist und wir uns gegenseitig unterstützen würden. Und vor allem wenn wir endlich lernen würden, zu verzichten. Ich sage nicht, dass ich fehlerlos bin und keine «Sünden» begehe. Das tue ich auch, sogar täglich und es ist mir bewusst. Auch ich fahre zwischendurch mit dem Auto, weil es manchmal einfach praktisch ist. Auch ich esse mal Milchprodukte oder an Ostern ein Ei. Auch ich heize im Winter mein Zimmer auf 20° C, weil es einfach komfortabel ist. Und auch ich besitze einen Haufen Dinge, die ich nicht brauche.

Ich habe oft ein schlechtes Gewissen deswegen und manchmal merke ich, dass ich in solchen Momenten die ganze Schuld auf mich nehme, was mich beinahe erdrückt. Und das ist absolut nicht fair. Ich versuche wirklich zu verzichten, aber in unserer Konsumgesellschaft ist das viel verlangt. Wenn man sich gegen die Klimaerwärmung ausspricht, hört man oft Kommentare wie: «Ja schon, aber du bist ja auch nicht ein weisses Blatt.» oder «Mach doch selber was, bevor du andere bevormundest!» Das macht mich wirklich wütend. Diese Menschen, die gefühlt alle zwei Wochen zwischen New York und Dubai hin- und herfliegen und mit dem Auto nach Deutschland zum Einkaufen fahren, machen mir Vorwürfe. Auch als Klimaaktivist*in hat man das Recht, Fehler zu machen. Wo kämen wir denn da hin, wenn man sich nur für etwas einsetzen darf, wenn man selbst in diesem Bereich fehlerlos ist. Wir kommen nicht weiter, wenn wir immer allen anderen die Schuld in die Schuhe schieben. Diese ständige Aussage «Aber die anderen machen das ja auch.» kann ich nicht mehr hören. Sich mit diesen Gedanken das schlechte Gewissen zu beruhigen, ist einfach nur scheinheilig. Wir alle sollten uns langsam aber sicher unserer Fehler bewusst werden und sie wenn möglich vermeiden. Wenn man sich diese nämlich ständig gut redet, wird man nicht die Kraft haben, etwas zu verändern.

bottom of page